Landtagsabgeordneter Johannes Becher spricht sich gegen klimaschädliches Bauvorhaben aus
Der Investor der geplanten Eventhalle auf dem Gelände des Flughafen München, SWMunich Real Estate GmbH, hat ein Gutachten erstellen lassen, das die Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur zur Anreise an die Eventhalle bestätigen soll. Die prognostizierten Zahlen, bzw. das was bisher veröffentlich wurde, machen allerdings das Gegenteil deutlich: Es droht eine Überlastung der regionalen Verkehrswege mit negativen Folgen für Klima und Umwelt.
Bereits am 26. Oktober wurde den Gesellschaftern der Flughafen München GmbH (FMG) das Verkehrsgutachten der Firmen OBERMEYER Infrastruktur GmbH Co. KG und Intraplan CONSULT GmbH vorgelegt. Veröffentlicht ist es bis heute nicht. Ehrlich gesagt würde ich gerne die Art und Weise der Erstellung des Gutachtens und auch die Ergebnisse selbst sehen, um mir ein Bild zu machen. Ich hoffe, dass zumindest die Stadträtinnen und Stadträte in Freising, die ja das Baurecht über einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan schaffen sollen, bereits die Details kennen und sich damit beschäftigt haben.
Insofern beziehen sich die folgenden Ausführungen auf die Anfrage zum Plenum und aus Gesprächen, die ich mit Personen geführt habe, die das Gutachten gelesen haben.
Das Gutachten unterscheidet nach einer Anreise mit dem öffentlichen Personennahverkehr (ÖV), mit motorisiertem Individualverkehr (MIV, also PKW, Zweiräder, Reisebusse) und per Flug. Man darf davon ausgehen, dass der Anteil von Besucher*innen aus der Landeshauptstadt München, die mit dem ÖPNV anreisen noch relativ hoch ist. Mit zunehmender Anreisestrecke, z.B. aus dem Landkreis München, dem MVV-Gebiet oder gar überregional sinkt allerdings die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und verlagert sich auf die Anreise v.a. per PKW.
Grund ist der Umstand, dass nach Veranstaltungsende gerade bei auswärtigen Besucher*innen der Wohnort im Öffentlichen Verkehr nicht bzw. nicht mehr zuverlässig erreicht werden kann. Eine verpasste S-Bahn nach Veranstaltungsende könnte zum Beispiel die Anschlusssicherheit am Münchner Hauptbahnhof gefährden. Dies hätte einen deutlichen Anstieg des Verkehrsaufkommens zur Folge.
In der Anfrage zum Plenum heißt es wörtlich:
„Zu Grunde gelegt wurden konservative Annahmen eines Bewertungsszenarios einer Großveranstaltung mit 20.000 Besuchern an einem Donnerstag außerhalb der Ferienzeit, da bei diesem Szenario die stärkste Belastung der Verkehrsinfrastruktur durch Überlagerung des höchsten flughafenspezifischen Verkehrsaufkommens mit den Arenaverkehren zu erwarten ist.
Für das Veranstaltungsbezogene zusätzlich erwartete Verkehrsaufkommen ergibt sich dabei für das Prognosejahr 2027 folgender durchschnittliche Modal Split:
- ÖV: rd. 31,7 %
- MIV: rd. 60,8 %
- Flugzeug / Sonstige: rd. 7,5 %“
Bei einer angenommenen Besucherzahl von 1,15 Mio. Menschen pro Jahr und 20.000 Menschen Maximalkapazität bedeutet das folgendes:
- ÖV: rund 365.000 Menschen pro Jahr / 6.200 Menschen bei vollem Haus
- MIV: rund 700.000 Menschen pro Jahr / 12.160 Menschen bei vollem Haus
- Flugzeug/Sonstige: 86.250 Menschen pro Jahr/ 1.500 Menschen bei vollem Haus
Wie ist das zu bewerten:
Der Anteil öffentlicher Verkehr ist relativ niedrig. Im Vergleich dazu sind die übrigen Veranstaltungslocation Olympiahalle, Allianz Arena und Messe München deutlich besser angebunden.
Hier zur Veranschaulichung der Modal Split für die vergleichbaren Sparten der Allianzarena:
- ÖV: 40,1 %
- MIV: 32,6 %
- Fan-Busse: 18,6 %
Trotzdem sind 6.000 zusätzliche Menschen, wie laut Anfrage an die Staatsregierung für die Eventhalle prognostiziert, in einer Stoßzeit sicherlich eine erhebliche Belastung für die S-Bahn.
Bei der Anzahl der Autos kommt es darauf an, wie viele Personen im Auto sitzen. Dazu fehlen mir die Angaben aus dem leider noch immer unveröffentlichten Gutachten. Meine persönliche Vermutung, dass sich die Anzahl der Person im Auto zwischen Kongress und Konzert unterscheiden. Wenn wir annehmen, dass im Durchschnitt zwei Personen im Fahrzeug sitzen, dann sind das 350.000 Autos pro Jahr. Jeweils auf dem Hinweg und nochmal auf dem Rückweg.
Bei Flugzeug/ Sonstiges liegt mir die Definition und Größenordnung von „Sonstiges“ nicht vor. Nehmen wir an, dass jährlich rund 50.000 Menschen mit dem Flugzeug kommen, dann sind das in der üblichen Rechnung des Flughafens 100.000 Passagiere (An- und Abflug). Diese Flugreisen kommen also on top und sie werden zu einem gewissen Teil auch noch nach dem Konzert/ Veranstaltung stattfinden. In der Zeit zwischen 22 und 24 Uhr gilt eine sogenannte „dynamische Nachtflugregelung“, die es ermöglicht auch in dieser Zeit zu fliegen, solange ein Lärmkontigent nicht überschritten wird. Obwohl es bereits jetzt sehr deutlich wahrnehmbar ist (und stört), hat die FMG ihr Lärmkontigent noch nicht ausgeschöpft. Da ist also noch deutlich Luft noch oben oder anders formuliert: Es kann noch deutlich lauter für die Region werden – auch zwischen 22 und 24 Uhr.
Noch sind viele Fragen offen. Denkbar ist zum Beispiel, dass in dem Verkehrsgutachten auch weitere Straßenausbaumaßnahmen beinhaltet sein könnten (z.B. 4-spuriger Ausbau der Freisinger Allee). Ständig wird jedenfalls im Landkreis Freising und insbesondere um die Stadt Freising herum, über neue Straßenbauprojekte diskutiert. Man wird der Situation nicht mehr Herr, sagt man. Darum diskutiert man nach der Westtangente und der Nord-Ost-Umfahrung, auch noch über eine weitere Isarbrücke durchs FFH-Gebiet, über vierspurige Ausbauten wie beim Flughafenzubringer B301 und vieles weitere mehr.
Meine Meinung: Wenn wir die Verkehrswende schaffen wollen, dann sollten wir damit beginnen nicht ständig neuen Verkehr zu produzieren und heranzuziehen.
Nicht nur der Autoverkehr steigt ganz erheblich, sondern auch Flugreisen würden mit der geplanten Eventhalle auf dem Flughafen-Gelände deutlich zunehmen. Die Verkehrsinfrastruktur der Region würde weiter strapaziert, der ausgelöste Event-Tourismus per Flugzeug würde Klima und Umwelt unnötig zusätzlich belasten.
In einer Region, die Verkehr und Lärm bereits im Überfluss hat.