Zwei Tage nach dem Weltfrauentag (8. März) verleiht der Landkreis Freising am Sonntag seinen Kulturpreis, sowie die dazugehörigen Anerkennungspreise und den Förderpreis 2023 – ausschließlich an Männer.

Die Gleichberechtigung der Geschlechter ist in unserem Grundgesetz verankert. Und doch ist sie im alltäglichen Leben unserer Gesellschaft bis heute nicht vollumfänglich angekommen. Das wird zum Beispiel am Freisinger Kulturpreis deutlich, mit dem der Landkreis kreative Menschen aus verschiedensten Bereichen ehrt. Die Liste der Preisträger*innen zeigt, wie beeindruckend und vielfältig die Kulturlandschaft unseres Landkreises ist. Sie zeigt aber auch eine bemerkenswerte Diskrepanz:

Seit 1982 wurde der Freisinger Kulturpreis lediglich an vier Frauen verliehen, davon in den letzten 20 Jahren mit Petra Lewi im Jahr 2017 nur an eine Einzige. Rechnet man auch die Förder- und Anerkennungspreise dazu, so wurden 87 Männer oder Gruppierungen unter männlicher Leitung vom Landkreis Freising ausgezeichnet (54,7%), während nur 32 Frauen oder Initiativen, die von einer Frau geleitet werden oder rein weiblich besetzt sind, geehrt wurden (20,1%). 40 Gruppierungen (25,1%) sind gemischtgeschlechtlich aufgestellt.

„Warum werden so viel weniger Frauen ausgezeichnet?“, fragt sich Johannes Becher, regionaler Landtagsabgeordneter der Grünen und stellt fest: „Freisinger Frauen sind doch mit Sicherheit nicht weniger kulturschaffend als Männer. Dennoch scheinen sie und ihre Erfolge nicht so präsent zu sein, wie die der Männer. Dabei gibt es viele kreative Frauen aus dem Landkreis, wie zum Beispiel die junge Freisinger Sängerin Belli, die für den Tassilopreis der SZ nominiert ist, oder die Erzählkünstlerin Simone Saitenfeder, deren Geschichten den ganzen Landkreis in den Bann ziehen. An der Singer-Songwriterin Lisa Fitzek kommt man auch nicht vorbei, wenn man von Freisings Kulturszene spricht. Auch die bildenden Künste haben in Freising hochkarätige Schafferinnen: Dietlinde Swienty, Heidrun Hee, Markéta Lübben und Gabriele Winter-Bermel bilden gemeinsam die Künstlerinnenvereinigung „Die Feder“ und sind wertvoller Teil der Freisinger Kreativlandschaft. Und es gäbe noch viele weitere Beispiele.“ Johannes Becher schlägt vor, schon beim Nominierungsprozess anzusetzen und in Zukunft mehr weibliche Kulturschaffende für den Preis vorzuschlagen. „Gleichberechtigung und Sichtbarkeit von Frauen in unserer Gesellschaft gehen uns alle an. Lasst uns gemeinsam dazu beitragen, dass der Kulturpreis in den kommenden Jahren weiblicher wird!“

Dieses Wochenende geht der Kulturpreis an Michael Deppisch, für seine herausragende Arbeit als Architekt im Landkreis Freising. Die Anerkennungspreise bekommen der Hörgertshauser Spielmannszug, der Künstler Ifeanyi Christian Okolo und der Kunstpädagoge Hans Werner Oswald. Der Förderpreis geht an Johannes Wiedenhofer. Den Preisträgern gratuliert Johannes Becher ganz herzlich und betont: „Das sind wunderbare Preisträger und der künstlerische Beitrag von Männern zur Freisinger Kulturszene wird durch künftig mehr weibliche Preisträgerinnen sicher nicht geschmälert – ganz im Gegenteil. Stattdessen wird unsere Kulturlandschaft vielfältiger und die weibliche Perspektive sichtbarer – ein Mehrwert für uns alle!“

Hintergrund:

Der Landkreis Freising verleiht den Kulturpreis seit 1982 an Freisinger Kulturschaffende. Seitdem haben fast 160 Personen und Gruppierungen einen Kultur-, Anerkennungs- oder Förderpreis vom Landkreis entgegengenommen. Die Liste der Kulturpreisträger*innen ist auf der Homepage des Landkreises Freising einsehbar.