Vorstellung der Ergebnisse unserer Umfrage zur bayerischen Gemeindeordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung

Aktuell steht im Landtag eine Novelle der wichtigsten Kommunalgesetze an. Die CSU-FW-Regierung will die Gemeinde-, die Landkreis- und die Bezirksordnung sowie das Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz und andere Gesetze überarbeiten. Aus diesem Grund hatten wir bereits im Jahr 2022 alle Kommunalpolitiker*innen in Bayern eingeladen, sich an einer Online-Umfrage zu beteiligen. Denn für uns Landtags-Grüne ist klar: Wer die Verfassung der kommunalen Demokratie reformieren will, muss sich insbesondere die Stimmen der Rät*innen anhören. Eine solche umfassende Beteiligung gab es seitens der Söder-Regierung bislang nicht! 

Wir hatten parteiübergreifend alle kommunalen Amts- und Mandatsträger*innen in Bayern gefragt, wie zufrieden sie mit der Gemeindeordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung sind, wo sie Verbesserungsbedarf sehen oder sich mehr Praxistauglichkeit wünschen. Die Befragung ist mittlerweile abgeschlossen und ausgewertet. Über 800 Interessierte haben sich in unsere Online-Umfrage reingeklickt, darunter knapp 150 Bürgermeister*innen (davon 132 erste Bürgermeister*innen). Dafür möchten wir uns herzlich bei allen Teilnehmenden bedanken! 

Die Antworten waren sehr aufschluss- und ideenreich. Wir haben alles aufgearbeitet und die Ergebnisse der Umfrage hier zusammengefasst.

Im Ergebnis konnten wir feststellen, dass die Befragten generell zufrieden mit den Kommunalverfassungsgesetzen sind. Die Gemeindeordnung, die Landkreisordnung und die Bezirksordnung bieten aus Sicht der befragten Kommunalpolitiker*innen insgesamt gute Rahmenbedingungen für die Arbeit in den jeweiligen Kommunalparlamenten und damit für gute Kommunalpolitik. 

Dennoch hat sich auch klar abgezeichnet, dass der Wunsch nach punktuellen Verbesserungen und damit nach Reformen besteht, insbesondere in folgenden Bereichen: 

  • Die Mehrheit der Teilnehmer*innen hat den Wunsch nach einer besseren Vereinbarkeit von kommunalem Ehrenamt, Familie und Beruf geäußert und dafür entsprechende Vorschläge gemacht. Diese reichen von familienfreundlicheren Sitzungszeiten, hybriden Sitzungen bis hin zu Vorschlägen für Änderungen bei den Ehrenamts-Entschädigungen. Auch dass mehr Frauen in der Kommunalpolitik aktiv werden, wurde gewünscht. 
  • Klar erkennbar ist die Forderung nach mehr institutionalisierter Jugendbeteiligung in den Kommunen. Auch die Seniorenbeteiligung soll gestärkt werden.   
  • In so gut wie allen genannten Bereichen wünschen sich die Befragten mehr Digitalisierung, zumindest bis zu einem bestimmten Grad. Auch wenn digitale Zuschalt- und Mitwirkungsmöglichkeiten für sinnvoll und wünschenswert erachtet werden, ist aber anhand der Antworten klar zu erkennen, dass die Teilnehmer*innen an einer „analogen“ Kommunalpolitik von Angesicht zu Angesicht im Ratssaal festhalten wollen. 
  • Was den Status der ersten Bürgermeister*innen und Landrät*innen als oberste Repräsentant*innen der Kommune und Verwaltungsleiter*innen angeht, so sprechen sich die Befragten sowohl für eine Altersgrenze als auch für eine Amtszeitbegrenzung aus. 
  • Eine Mehrheit der Befragten ist der Ansicht, dass die Kommunen, insbesondere die Gemeinden, aktuell sehr viele Aufgaben zu erledigen haben und eine Ausweitung des Aufgabenkatalogs der Gemeinden eher vermieden werden sollte. Eine Ausnahme würden die Befragten allerdings machen, soweit es um Klimaschutz und Klimaanpassung geht. Hier wünscht sich eine Mehrheit, dass Klimaschutz und Klimafolgenanpassung zu kommunalen Pflichtaufgaben werden und damit eine entsprechende Finanzierung durch den Staat einhergeht. 
  • Generell ist der Zugang zu Informationen, also Transparenz, ein wichtiges Thema für die Befragten. Dazu gehört der Wunsch nach mehr Informationen von der Kommunalverwaltung und zum Teil auch mehr Informationsrechte für die Rät*innen. Zum anderen haben die Befragten aber auch für mehr Transparenz zu Gunsten der Bürger*innen plädiert. So sollten zum Beispiel mehr Informationen auf den Webseiten der Kommunen bereitgestellt werden. Auch wurde wiederholt gefordert, dass unmittelbar vor den Sitzungen des Gemeinderats oder Kreistags Bürgersprechstunden angeboten werden. 

Wir legen zahlreiche Änderungsanträge vor, um die wichtigsten Kommunalgesetze im Freistaat mit einer grünen Handschrift zu versehen. Diese grünen Änderungsanträge beruhen auch auf den Ergebnissen unserer grünen, nicht repräsentative Umfrage. Konkret fordern wir mit unseren wichtigsten Änderungsanträgen: 

  • Einführung der Möglichkeit, dass sich Rät*innen im Gemeinderat, Kreistag und Bezirkstag vorübergehend durch ein Ersatzmitglied vertreten lassen können (nach österreichischem Vorbild); 
  • gesetzlicher Freistellungsanspruch für Rät*innen gegenüber ihrer bzw. ihrem Arbeitgeber*in für mandatsbedingte Tätigkeiten; 
  • Veröffentlichung der Sitzungsniederschriften des Gemeinderats, Kreistags bzw. Bezirkstags im Internet; obligatorische Ankündigung der Ratssitzungen im Internet; 
  • Hybridsitzungen kommunaler Gremien (Zuschaltung per Video) leichter ermöglichen;  
  • individuelle Informationsrechte der Rät*innen (Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht) gegenüber der Kommunalverwaltung für mehr Transparenz,  
  • Klimaschutz und Klimaanpassung werden kommunale Pflichtaufgaben. Gleichzeitig werden die Kommunen mit den nötigen finanziellen Mitteln ausgestattet; 
  • den Landkreisen wird sozialer Wohnungsbau ermöglicht; 
  • Einführung der Möglichkeit, dass Bürger*innen unmittelbar vor den Ratssitzungen dem Gemeinderat samt Bürgermeister*in Fragen stellen können (Bürgerfragen); 
  • Jugendliche bekommen ein Recht auf Mitsprache im Gemeinderat. Wir stärken auch die Seniorenmitwirkung; 
  • Absenkung des (aktiven) Wahlalters auf 16 Jahre bei den Kommunalwahlen; 
  • passives Wahlrecht für Unionsbürger*innen: EU-Bürger*innen können Bürgermeister*in oder Landrät*in werden; 
  • Alle Kommunalwahlunterlagen werden in leichter Sprache und zum Teil auch in englischer Sprache bereitgestellt. 

Damit wollen wir, dass mehr Menschen vor Ort Kommunalpolitik mitgestalten. Wir wollen praxistaugliche Rahmenbedingungen schaffen, die es den Kommunen ermöglichen, aus eigener Kraft gut und professionell zu arbeiten und den Aufgaben und Herausforderungen gerecht zu werden. Kurz gesagt, wir wollen die kommunale Demokratie vor Ort stärken!